Die Borderline Störung ist im medizinischen Sinne klassifiziert in der Kategorie der Persönlichkeitsstörungen vom „emotionalen Typ“, die in der Regel chronisch verläuft und aufgrund seiner komplexen Struktur nur sehr spezifisch behandelt werden kann.

Borderliner durchleben in ihrem Alltag in der Regel recht heftige Konflikte, unter denen nicht nur die Betroffenen selbst leiden, sondern auch ihr soziales Umfeld, das sich häufig als sehr hilflos erlebt.
Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung nehmen Gefühle (positive wie negative) in der Regel 7-Mal so intensiv wahr wie Menschen mit einer normalen Gefühlsregulation.

Symptome

Typische Symptome der Borderline-Störung können sein:

  • Spannungszustände
  • häufige und radikale Stimmungsschwankungen
  • erhöhte emotionale Angreifbarkeit und überdurchschnittlich intensives Wahrnehmen und Ausleben von Gefühlen:
    oftmals reichen sehr kleine, scheinbar unbedeutende Reize (äußerlich oder innerlich) aus, um eine impulsive oder unkontrollierte Reaktion auszulösen- z.B. heftige Wut, Verachtung oder Rückzug
  • Zustände von innerer Leere
  • Schwarz-Weiß-Denken
  • schlechte Meinung über sich selbst
  • Instabilität in sozialen Beziehungen
  • erhebliche Nähe-Distanz-Konflikte mit nahestehenden Menschen („Komm her!“ – „Geh weg!“)
  • Anstrengungen, ein Verlassenwerden um jeden Preis zu verhindern- Manipulation und „Erpressung“ nahe stehender Menschen
  • Autoaggression und selbstschädigendes Verhalten (Selbstverletzungen des Körpers, Substanzmittelmissbrauch, häufige Beziehungsabbrüche, Essstörungen, Überschreiten körperlicher und sozialer Grenzen, riskante Manöver im Straßenverkehr, Konflikte mit dem Gesetz u.v.m.)
  • Dissoziation (Verzerrung von Raum-, Zeit- und Körperwahrnehmung)
  • Angst vorm Alleinsein
  • suizidales Denken und Verhalten
  • Hochrisikoverhalten
  • Flashbacks (Wiedererleben von traumatischen Erinnerungen)

Diagnose

Die Diagnose der Borderline-Störung ist im DSM IV klar geregelt und richtet sich nach 9 Diagnosekriterien, von denen mindestens 5 erfüllt sein müssen, um die Borderline-Diagnose zu verifizieren:

  • Verzweifeltes Bemühen, ein reales oder imaginäres Verlassen werden zu verhindern.
  • Intensives Muster von instabilen, intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den beiden Extremen Überidealisierung und Abwertung gekennzeichnet ist.
  • Anhaltend und deutlich gestörtes, verzerrtes oder instabiles Selbstbild.
  • Impulsivität bei mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Aktivitäten, z.B. Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, Ladendiebstahl, rücksichtsloses Autofahren, Fressanfälle.
  • Wiederholte Selbstmorddrohungen, Gesten oder Versuche oder selbstverstümmelnde Verhaltensweisen.
  • Instabilität im affektiven Bereich: ausgeprägte Stimmungsschwankungen, z.B. Euphorie, Reizbarkeit oder Angst (ein paar Stunden andauernd, selten länger als einige Tage).
  • Chronisches Gefühl der Leere.
  • Übermäßige, starke Wut oder Unfähigkeit, die Wut zu kontrollieren, z.B. häufige Wutausbrücke, andauernde Wut, wiederholte Prügeleien.
  • Vorübergehende, stressabhängige schwere dissoziative Symptome oder paranoide Wahnvorstellungen.

Geschichte der Borderline-Definition

Der Begriff  „Borderline“ geht zurück bis aufs Ende des 19. Jahrhunderts. Seinerzeit wurde der Begriff „Borderline“ für eine Art der psychischen Erkrankung genutzt, die sich nicht abschließend als „Neurose“ oder „Psychose“ einordnen ließ. Man sprach von einer Grenzdefinition (= engl. „Borderline).
Die Diagnosekriterien haben sich im Laufe des vergangenen Jahrhunderts im Zuge der Erforschung der Störung immer wieder verändert, bis in den 1980er Jahren der Borderline-Begriff auch in Deutschland eine eigenständige Diagnosedefinition erhielt, die bis heute Gültigkeit hat. Heute spricht man laut Definition des ICD-10 von einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung des Borderline-Typus (F60.31).

Häufigkeit

Schätzungen zufolge erleben ca. 3% der Bevölkerung einmal in ihrem Leben eine längere Borderline-Episode.
Die meisten Betroffenen, die dabei therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen, sind weiblich.
Betroffene Männer suchen dagegen in den meisten Fällen keine therapeutische Hilfe, sondern kommen dagegen wesentlich häufiger mit dem Gesetz in Konflikt, da sie ihre Spannungszustände meist nach außen richten und oftmals aggressiv auftreten.
In welchem Umfang auch Kinder und Jugendliche von der Störung betroffen sind, ist noch nicht vollständig erforscht, da sich extreme Verhaltensweisen innerhalb der Pubertät mit einigen Symptomatiken der Borderline-Störung häufig überschneiden, was eine abschließende Diagnose im Jugendalter schwierig macht.  Zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr zeigt ca. jedes 20. Mädchen Anzeichen einer Borderline-Störung.

Selbstverletzungen – Warum?

Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum sich Borderliner immer wieder selbst schädigen. Für Außenstehende mit einer gesunden Gefühlsregulation wirft dies immer wieder Fragen auf.
Gründe für Selbstverletzungen können insbesondere sein:

  • Abbau von Anspannung
  • Überwindung von intensiven Gefühlen
  • Selbstbestrafung
  • Um sich wieder zu spüren (gegen die innere Leere, bei dissoziativen Zuständen)
  • Um einen Kick zu erzeugen
  • Um Aufmerksamkeit zu bekommen

Selbsttötung

Bei der Borderline-Störung kann man durchaus von einer tödlichen Krankheit sprechen.
Die Rate der Suizidversuche unter Borderline-Patienten ist mit 60% sehr hoch.
Statistisch gesehen hat sich etwa 5% der Betroffenen in den letzten Jahrzehnten selbst getötet.

Heilung

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung gilt derzeit nicht als vollständlich heilbar. Es gibt allerdings Therapieformen, mit denen es gelingt, Symptome einzudämmen und mit den Symptomen der Störung funktional umzugehen.
Die Betroffenenrate bei der Gruppe der über 45-jährigen liegt derzeit nur noch bei 0,5%.

Eine inzwischen auch in Deutschland etablierte Behandlungsmethode ist die Dialektisch-Behavoirale Therapie (DBT) nach Marsha M. Linehan, die als selbst Betroffene dieses Konzept Mitte der 1980er Jahre entwickelt hat.
Auch in Deutschland hat die DBT in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen und gilt inzwischen als feste Säule bei der Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung.