DBT steht für „Dialektisch-Behaviorale-Therapie“ und ist ein Ende der 1980er Jahre von der amerikanischen Psychologieprofessorin Marsha M. Linehan (University of Washington, Seattle, USA) entwickeltes Therapiemodell zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung.

In Deutschland wird diese verhaltenstherapeutisch-basierende Behandlungsmethode vorwiegend im stationären Setting in speziell ausgebildeten Kliniken angewandt, jedoch nimmt auch der Anteil an teilstationären und ambulanten Behandlungsangeboten stetig zu.

Das sogenannte „Skillstraining“ ist ein speziell auf die Schwierigkeiten und Probleme von Borderline-Patienten ausgelegtes Konzept der Verhaltenstherapie, das auf fünf Schlüsselkompetenzen aufgebaut ist:

  • Innere Achtsamkeit und Aufmerksamkeit im Hier & Jetzt
  • Zwischenmenschliche Fertigkeiten, d.h. Verbesserung der Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen
  • Regulativer Umgang mit intensiven Gefühlen
  • Stresstoleranz
  • Stärkung des Selbstwertgefühls

Was sind „Skills“ (=Fertigkeiten)?

Jedes Verhalten, welches in einer schwierigen Situation kurzfristig wirksam ist und dabei langfristig keinen Schaden zufügt, bezeichnet die DBT als „Skill“.

Jeder Mensch verwendet eine breite Palette an Skills im Alltag. Dies kann ein entspannendes Bad ebenso sein wie die Verabredung mit Freunden. Man tut sich etwas Gutes, um sich eine kleine Auszeit vom Alltag zu nehmen, streichelt für einen kleinen Moment lang seine Katze oder geht eine Runde an die frische Luft, um Abstand von schwierigen Situationen zu bekommen. Geht ins Schwimmbad oder ins Theater. Pflegt Hobbies und achtet auf seine Gesundheit. Führt ein konstruktives Gespräch mit seinem Chef und denkt vorausschauend. Hält seine Freunde bei Laune und baut sich ein angenehmes Nest zu Hause.
All dies sind Skills, die jeder Mensch einsetzt, meist ohne es selbst bewusst zu bemerken und die sich die DBT bei der Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung gezielt zunutze macht.
Keine Skills dagegen sind selbst schädigende Verhaltensweisen, wie z.B. Drogenkonsum, Selbstverletzungen des eigenen Körpers oder Essattacken. Diese mögen zwar kurzfristig für Entlastung sorgen, sind jedoch langfristig sehr schädlich.

Die 5 Module des Skillstrainings:

Achtsamkeit:

Achtsamkeit ist die Basis aller Fertigkeiten, die wir in der Therapie erlernen.
Das achtsame Wahrnehmen der Realität -das intensive Sehen, Hören, Riechen, Tasten und Schmecken ist die Grundvoraussetzung dafür, daß wir unsere Fertigkeiten überhaupt einsetzen können. Denn nur wer gelernt hat, die Realität achtsam und ohne Interpretationen oder Wertungen wahrzunehmen, ist überhaupt in der Lage, schwierigen Situationen aktiv etwas entgegenzusetzen.

Achtsamkeit ist jedoch nicht nur Teil der Selbstfindung und der inneren Mitte-
die Fähigkeit des nicht-bewertenden Wahrnehmens soll uns auch dabei helfen, kleine wie große Entscheidungen im Sinne der eigenen Intuition treffen zu können.

Stresstoleranz:

In diesem Modul lernen wir Fertigkeiten zur Bewältigung von akuten Hochstressphasen sowie zur Bewältigung von belastenden Situationen, die sich nicht verändern lassen.
Impulsivität und irrationale Affekthandlungen unter Hochstress sind oftmals selbstschädigend-
wir lernen in diesem Abschnitt der Therapie, uns von den eigenen Gedanken und Empfingungen abzulenken und lernen, uns mit Hilfe unserer Sinnesorgane zu beruhigen.
Um potentiell selbst schädigende Extremanspannung kurzfristig, wirkungsvoll und schnell zu beenden, setzen wir sehr starke äußere Reize ein, die wir auf den Körper richten (z.B. Kälte, Hitze, Schärfe, intensive Gerüche, ein Gummiband, das man ans Handgelenk flitscht usw.).
Wir lernen außerdem effektive Strategien zum Annehmen von Realität und Verantwortung, wenn sich äußere Situationen schlichtweg nicht verändern lassen.

Bewusster Umgang mit Gefühlen:

Die Schwierigkeit, starke Emotionen zu steuern, ist ein charakteristisches Merkmal der Borderline-Störung.
Ziel des Moduls ist es, unser emotionales Leiden in seiner Gesamtheit zu vermindern.
Uns werden grundlegende Fertigkeiten zur Regulation von intensiven (negativen wie positiven) Gefühlen vermittelt, damit diese nicht in einem unkontrollierten Impulsdurchbruch enden.
Wir lernen Gefühle zu beobachten, zu beschreiben und ihre Bedeutungen und Auswirkungen zu verstehen, sodass wir in die Lage versetzt werden, aktuelle Situationen und vergangenes Erleben voneinander zu unterscheiden.
Wir lernen die Verwundbarkeit gegenüber schmerzhaften Gefühlen zu verringern und positiven Gefühlen mehr Raum zu geben.

„Ich habe ein Gefühl, aber ich bin nicht das Gefühl!“

Zwischenmenschliche Fertigkeiten:

Borderline-Betroffene handeln oftmals im Affekt, ohne dabei die Beziehung zum Gegenüber realistisch im Blick zu haben.
Dies kann oftmals zu katastrophalen Folgen in der Beziehung führen und die Geduld des Umfeldes ungebührend strapazieren.
In diesem Modul erlernen wir Strategien, um unsere zwischenmenschlichen Kompetenzen insgesamt zu verbessern, ohne dabei irgendwelchen Schaden anzurichten.
Ist meine Reaktion auf eine Situation im Hier und Jetzt überhaupt angemessen?
Wie kann ich mich in die Situation meines Gesprächspartners versetzen und ihm meinen Respekt zeigen?
Wie kann ich meine Grenzen verdeutlichen und meine eigenen Ziele durchsetzen, ohne dabei die Beziehung zu meinem Gegenüber aufs Spiel zu setzen?
Wie bewahre ich meine Selbstachtung, ohne dabei meinem Umfeld vor den Kopf zu stossen?
Wie bleibe ich in der Interaktion höflich, aber bestimmt?

Selbstwert:

Dieses Modul behandelt im Wesentlichen zwei Wege, über die wir eine Verbesserung des Selbstwerts erreichen können:

Der erste Weg geht über die eigene Handlung: wir lernen, etwas freundlicher mit uns selbst umzugehen, indem wir unseren Fokus auf die eigene Selbstfürsorge richten.
Der zweite Weg befasst sich mit den negativen Mythen und Einstellungen („Grundannahmen“) über uns selbst, die es gilt durch positive Glaubenssätze zu ersetzen.

Weitere Werkzeuge während der Therapie

Neben der Vermittlung der fünf Module spielen während der Therapie besonders Verhaltensanalyen mit Hilfe des Therapeuten eine wichtige Rolle, um unser destruktives Verhalten besser zu verstehen und geeignete Prophylaxestrategien für die Zukunft zu entwickeln.

Tagebuchkarten („Diary Cards“) helfen uns dabei, den Behandlungsverlauf im Einzelgespräch zu analysieren und Erfolge sichtbar zu machen. Gestützt wird die Behandlung durch Einzelgespräche mit Psychotherapeuten und ggf. durch medikamentöse Unterstützung.
Im stationären Setting wird die DBT zudem i.d.R. durch Bezugspflegegespräche, Körpertherapie sowie durch Angebote zu Kreativität und Bewegung begleitet.
Telefoncoaching mit dem Einzeltherapeuten ist ein weiterer Bestandteil der DBT zur Überwindung von akuten Krisensituationen.

DBT-Kompetenz bedeutet also nicht das aus dem Gesamtkontext herausgerissene Durchführen einer Achtsamkeitsübung oder das blosse Einsetzen von starken Reizen (Kälte, Schärfe, starke Gerüche, Igelball usw.) bei einem Borderliner ohne jede Therapieerfahrung.

Die DBT-Therapie ist insgesamt sehr komplex und sollte grundsätzlich Fachleuten überlassen werden-
denn nur durch ein ganzheitliches Training aller Fertigkeiten im geschützten therapeutischen Rahmen ist es möglich, diese letztlich auch in schwierigen Situationen einsetzen zu können.

Der Verlauf einer DBT-Therapie umfasst mehrere Phasen :

  • Abbau von Suizidalität und Selbstverletzung
  • Verhaltensmuster, welche die Therapie gefährden, abbauen
  • Verhaltensmuster, welche die Lebensqualität des Patientien erheblich belasten, abbauen (z.B. Alkohol- und Drogenkonsum, Essstörungen, dissoziative Störungen etc.)
  • Bearbeitung von emotionalen und kognitiven Folgen früher Traumatisierung
  • Neuorientierung und Integration, Entwicklung von Lebensplänen